Paula Schuth: Die Epidemie trennt und verbindet und zeigt uns, was wirklich wichtig ist

Über ein Jahr nun beherrscht die Pandemie unseren Alltag und hat uns gezwungen umzudenken und neue Wege zu finden. In Kultur- und Vereinsarbeit haben sich die Türen am Anfang der Coronakrise verschlossen, die Menschen sich ins Private verzogen und sich gegenseitig nicht mehr wie gewohnt treffen können.  Dies war ein Schock für viele Vereinsmitglieder und Vereinsaktive, da doch die Vereine mit ihren engagierten Ehrenamtlichen gerade aus und für die Gemeinschaft leben und sich dafür einsetzen. Der persönliche Austausch und die Gespräche, das unkomplizierte Treffen anderer und der Besuch von Konzerten, Vorlesungen, Vorstellungen und Stammtischen im großen oder auch kleinen Kreis ist und war ein wichtiger Bestandteil des Lebens unserer 27 Mitgliedsvereine und auch des Verbandes selber.

Das Runterfahren der aktiven Vereins- und Verbandsarbeit während der Coronaepidemie hat uns deutlich gemacht, wie viel man in diesem Jahr vermisst und verpasst hat und wie wichtig unsere Arbeit in den Vereinen und beim Verband sowohl für die Mitglieder aber auch unsere Partner und auch das breitere Publikum ist. Dieses Wissen stärkt uns für die Zukunft und zeigt, dass die finnisch-deutschen Vereine im ganzen Land wichtige Gemeinschaften und Treffpunkte für ihre Mitglieder, aber auch aktive Kulturakteure in Bereich der deutschen Sprache und Kultur in ihren eigenen Regionen sind.

Der Kontakt auf virtueller Ebene hat uns in dieser Zeit viel geholfen, auch wenn man damit sicher nicht alle zwischenmenschlichen Kontakte ersetzen konnte. Vorstandssitzungen, Jahresversammlungen, Sitzungen über die verschiedensten Themen und vieles mehr haben wir gut auch virtuell gemeistert. Beim Kulturprogramm sind wir teils auch auf ein virtuelles Format umgestiegen und haben monatlich unseren Mitglieder und  auch dem breiteren Publikum virtuelle thematische Vorlesungen angeboten. Etwas Schade ist es schon, die Vorleser, Künstler und Schriftsteller nicht live im gleichen Zimmer zu begegnen, aber auch positives hat das Virtuelle mit sich gebracht: die Teilnahme an dem kulturellen Programm ist nun erstmals wirklich für alle unabhängig vom Wohnort möglich. Viele Mitglieder aus den verschiedensten Orten Finnlands haben sich gemeldet und gefreut, dass sie nun auch öfter, wenn auch nur virtuell, an Vorlesungen und Veranstaltungen teilnehmen können als früher. Im Normalfall finden die meisten Veranstaltungen dann doch in den größeren Städten statt. So sind wir durch die Pandemie regional ein Stück näher gerückt. Dies sollten wir auch für die Zukunft beibehalten.

Auch Gäste aus Deutschland waren oft zu Gast bei unseren virtuellen Veranstaltungen, z.B. Mitglieder unserer deutschen Partnerorganisation der Deutsch-Finnischen Gesellschaft e.V. So findet ein Austausch auch über die Grenzen hinaus statt.

Für unser Gastschülerprogramm dagegen war die Pandemie eine große Herausforderung. Jährlich vermitteln wir mit der Deutsch-Finnischen Gesellschaft e.V. um die hundert finnische und deutsche Jugendliche als Gastschülerinnen und -schüler nach Deutschland und Finnland. Nun wurde diese Tätigkeit stark eingeschränkt und teils ganz unterbrochen. Auch hier zeigt sich in der Zwangspause wieder, wie bedeutend diese Aufenthalte für die Jugendlichen aber auch ihre Gastfamilien sind. Nun sieht es für dieses Jahr schon wieder positiver aus und ein Teil der angemeldeten Jugendlichen kann ihre Reise antreten. Einige Schüler und Gastfamilien warten schon seit einem Jahr, dass es nun in 2021 endlich klappt, man den anderen treffen und kennenlernen kann, voneinander, der anderen Sprache und Kultur lernen und mit unvergesslichen Eindrücken wieder nach Hause kehren kann.

Die Krise hat uns vielleicht am Anfang kurz gelähmt und die Hände gebunden, aber schnell konnten wir umdenken und auch neue Konzepte und Angebote schaffen. Durch die „leeren Monate“ wurde auch deutlich, wie wichtig die Kultur- und Vereinsarbeit die wir machen wirklich ist. So freut man sich schon mit vielen neuen Ideen auf die kommenden Lockerungen und den Neustart ins Normale!

Paula Schuth

Geschäftsführerin, Verband der Finnisch-Deutschen Vereine e.V.  (Suomi-Saksa Yhdistysten Liitto ry)