Anke Michler-Janhunen: Nekrolog auf Prof. Dr. Dörte Putensen

Prof. Dr. phil. habil. Dörte Putensen † (20.4.1949-25.11.2024)

Foto: Marjaliisa Hentilä, bearbeitet von der Aue-Stiftung

Privat und beruflich hatte Dörte Putensen „Finnland im Blick“, beschäftigte sich die Professorin für Allgemeine Geschichte der neuesten Zeit doch immer wieder mit Finnland und den deutsch-finnischen Beziehungen. Unter gleichem Titel veröffentlichte die Deutsch-Finnische Gesellschaft 2014 zum 65. Geburtstag von Dörte Putensen eine Festschrift (hrsg. von Manfred Menger und Burkhart E. Poser). Geboren in Rostock besuchte sie dort zunächst die einzige Erweiterte Oberschule der DDR mit obligatorischem Schwedischunterricht und studierte 1967-1971 an der Sektion Nordeuropawissenschaften der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Das damit einhergehende Studium der finnischen Sprache und Landeskunde weckte in ihr eine bis an ihr Lebensende anhaltende „systemrelevante Finnlandbegeisterung“. Ein Forschungsschwerpunkt war die Geschichte der internationalen, insbesondere der nordischen Sozialdemokratie.

„Fix im Denken, effektiv im Handeln“ stellte sie ihr Organisationstalent nicht nur als geschätzte Lehrende im Fach Allgemeine Geschichte unter Beweis, sondern auch bei der Organisation der zwischen 1973 und 1990 durchgeführten zwölf gemeinsamen Historiker-Seminare der DDR und der Republik Finnland gemeinsam mit Prof. Manfred Menger. Die Wende und die damit einhergehende „flächendeckende Eliminierung der DDR-Geschichtswissenschaft“ bereiteten ihrer sich seit 1971 vielversprechend entwickelnden Karriere an der Universität Greifswald ein jähes Ende. Dörte musste sich diverser Prozeduren der politischen, persönlichen und fachlichen Überprüfung durch die „Ehrenkommission“ unterziehen und sah sich einer Flut pauschalisierender Unterstellungen gegenüber. Aufrecht führte sie einen jahrelangen Kampf und Rechtsstreit um die Bewahrung ihrer beruflichen Existenz. Sie war maßgeblich daran beteiligt, Finnlandhistoriker aus Ost und West zusammenzuführen und die nun gesamtdeutsch-finnischen Historikersymposien fortzuführen. Ungeachtet ihrer Fachkompetenz und ihrer wissenschaftlichen Reputation weit über die Landesgrenzen hinaus wurde Dörte zum 30. September 2000 von der Universität Greifswald entlassen. Mit 51 Jahren verlor sie ihre berufliche Existenz, nicht jedoch ihren Optimismus und Kampfeswillen. 2004 verlieh ihr die Universität Rostock den Titel einer Außerplanmäßigen Professorin für das Fachgebiet Allgemeine Geschichte der Neuesten Zeit. Bereits seit 2001war sie als Referentin für Bildung, Jugend und Sport, später zudem für Wissenschaft, Forschung und Kultur in der Fraktion der Linken im Brandenburgischen Landtag tätig. Sie organisierte bildungspolitische Studienreisen nach Finnland, war im Vorstand der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg aktiv und wurde in den Beirat des Finnland-Institutes in Deutschland berufen.

Die Deutsch-Finnische Gesellschaft trauert um eine aktive Mitstreiterin, eine profunde Finnlandkennerin und einen Menschen, der bei jedem, der sie kennenlernen durfte, bleibenden Eindruck hinterließ. Unser Mitgefühl gilt ihrem Ehemann, Gregor Putensen, ihrer Familie und all ihren Freunden.

Alle Zitate: „Finnland im Blick. Historische und zeitgeschichtliche Studien. Festschrift für Dörte Putensen zum 65. Geburtstag. Herausgeber: Deutsch-Finnische Gesellschaft e.V., Redaktion: Manfred Menger und Burkhart E. Poser. SAXA Verlag, Berlin 2014, 370 Seiten. ISBN 978-3-939060-48-2.

In der Schriftenreihe der Deutsch-Finnischen Gesellschaft erschien 2000 ihr Band „Im Konfliktfeld zwischen Ost und West: Finnland, der Kalte Krieg und die deutsche Frage (1947-1973)“, der zum ersten Mal ein Gesamtbild der deutsch-finnischen Beziehungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lieferte.

Im Jahr 2022 erschien ihr letztes Buch „Der Finnland-Goltz – Graf Rüdiger von der Goltz und das weiße Finnland“ (Aue-Veröffentlichung Bd. 44).

Weitere Werke: https://portal.dnb.de/opac/simpleSearch?query=D%C3%B6rte+Putensen

Anke Michler-Janhunen, Dörtes ehemalige Studentin

veröffentlicht in der Deutsch-Finnischen Rundschau Nr. 204